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Die meisten Urlaube meiner Kindheit
verbrachte ich mit der Familie an der Ostsee. Der Weg war nicht
weit und meine Eltern und Großeltern sowie auch wir Kinder an
die Umgebung und die Umstände gewohnt. Die Ferien am Strand
waren immer schön und die Erinnerungen an die Urlaube auf
Usedom, dem Darß und Co. sind noch immer recht präsent. Mit den
Jahren und der zunehmenden Selbstständigkeit entwuchs ich dem
„Kleinod Ostseeküste“, ließ die Urlaubsregion links liegen und
kehrte nun mit meiner eigenen kleinen Familie im ersten
gemeinsamen Urlaub zurück. Vor dem Beginn der Urlaubssaison
schlugen wir unsere Zelte im schönen Ostseebad Boltenhagen im
Nordwesten Mecklenburgs auf und genossen die Zeit zu dritt am
Meer. Unser Aufenthalt wurde natürlich sorgfältig geplant und
umspannte ein Heimspiel des Regionalligisten Greifswalder FC.
Mit knapp 650 Kilometern Entfernung zu unserem Wohnort liegt die
Hansestadt denkbar weit weg und so hat es mit dem Besuch doch
etwas gedauert. Immerhin spielen die selbsternannten
„Boddenkicker“ seit 2022 in der Regionalliga und wurden im
vergangenen Jahr Vizemeister der Nordost-Staffel.
Alex, Lynn und ich brachen am
Sonntagvormittag zeitig auf, um die stolzen eineinhalb Stunden
Fahrt auf uns zunehmen. An den beiden Urlaubstagen zuvor hatten
wir Boltenhagen nicht wirklich verlassen. Nun also der größere
Tagestrip, der ein wenig exemplarisch für die geografische Lage
des GFC in der Regionalliga Nordost steht. Mit ihren
Ballungsgebieten in Berlin und Sachsen ist das „Nord“ in
„Nordost“ tatsächlich etwas irreführend. Lediglich die
Greifswalder halten im hohen Norden die Fahne hoch und müssen
für jedes Auswärtsspiel mindestens 200 Kilometer Anreise
wegscheppern. Da hatten wir es sogar noch ganz gut. Nach einer
kurzen Stippvisite in der Hansestadt enterten wir das fast 100
Jahre alte Volksstadion für die Partie zwischen Greifswald und
Eilenburg. Die Baukosten der Sportstätte werden auf Wikipedia
noch in Reichsmark angegeben. So versprüht das Stadion
historischen Charme, ohne die üblichen Annehmlichkeiten moderner
Spielstätten. Mein Highlight waren die ikonischen DDR-Laternen,
deren runde Schirme den Umlauf schmückten.
Wir platzierten uns auf den Stehplätzen
gegenüber der flach abfallenden Haupttribüne. Das Wetter
präsentierte sich hier ähnlich ungemütlich wie große Teile des
Publikums, das äußerlich keinen Hehl aus seiner rechten
Gesinnung machte. Angetrieben wurde der lose Fanblock von zwei
recht fertigen Gestalten auf dem Vorsängerpodest. Die Gäste aus
Eilenburg, meinem Ziel des vergangenen Wochenendes, hatten eine
Handvoll Schlachtenbummler im Gepäck und hoffen weiter auf den
Klassenerhalt. Möchten die Nordsachsen die Klasse halten,
sollten sie jedoch in den verbleibenden zwei Partien ihre
Chancen besser nutzen. Vor allem im ersten Durchgang hatte der
FCE einige potenzielle Treffer auf dem Fuß und musste sich mit
einem 1:1-Remis zur Pause begnügen. Danach zollte die Partie dem
offenen Schlagabtausch ohne jegliches Mittelfeldgeplänkel Tribut
und hatte vier weitere Tore für uns im Gepäck. Nach 60 Minuten
stand es 2:2 und allen Zuschauern dürfte zu diesem Zeitpunkt
klar gewesen sein, dass das nicht der Endstand sein würde. So
zeigten sich die Favoriten und Hausherren am ersten
Mai-Wochenende etwas cleverer und glücklicher, gingen in der 78.
Minute in Führung und vollendeten in der Nachspielzeit einen
Konter zum 4:2-Endstand. Tore satt in Greifswald und ein
weiterer Haken hinter einem Regionalliga-Ground. Wir ließen den
Abend in Warnemünde ausklingen und schalteten wieder in den
Urlaubs-Modus.
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